«Homosexualität und Islam» war einer unserer Schwerpunkte im zu Ende gehenden Jahr. Ein vielschichtiges Thema, und daher haben wir es auch von verschiedensten Seiten beleuchtet – nicht zuletzt in unserem Magazin.
So zeichnete z. B. Serena Tolino, Juniorprofessorin für Islamwissenschaft in Hamburg, ein sehr differenziertes Bild über die geschichtlichen, gesellschaftlichen und religiösen Hintergründe der aktuellen Situation von LGBTI*-Menschen in islamischen Ländern – und wies dabei auch auf Hoffnungsschimmer hin: «Die Dinge sind durchaus in Bewegung. Wenn wir Aktivist_innen Raum und Unterstützung geben, wird das auch so weiter gehen.»
Nof Nasser-Eddin und Nour Abu-Asssad, die Gründerinnen des Centre for Transnational Development and Collaboration (CTDC) berichteten, wie sie Menschen im arabischen Raum mit Workshops für «nicht-normative Personen» unterstützen. Interessant war dabei auch, welche Rolle die Sprache bei Identitätsfragen in verschiedenen Kulturen spielt – oder konkreter: warum westliche Begriffe wie «schwul» oder «LGBTI*» in arabischen Ländern nicht ohne Weiteres anwendbar sind.
PETITIONEN GEGEN DAS UNRECHT
An bedrückenden Belegen für die Aktualität unseres Themenschwerpunkts hat es 2018 leider auch nicht gefehlt. Als Beispiel sei die Lage in Indonesien genannt, wo mit Berufung auf die Scharia LGBTI*-Personen zunehmend kriminalisiert, verfolgt und gefoltert werden. Mit Petitionen haben wir auf das Unrecht in diesem und in anderen Ländern aufmerksam gemacht.
INDIVIDUELLE BETREUUNG DURCH FOCUS REFUGEES
Unsere praktische Arbeit war auch 2018 vor allem von Focus Refugees geprägt: Im Jahr 2018 haben ungefähr 35 ehrenamtliche Mentor_innen etwa dieselbe Anzahl LGBT* Asylsuchende im Rahmen des Betreuungsangebots von Focus Refugees in Zusammenarbeit mit TGNS begleitet. Neben der individuellen Betreuung fanden unsere Gruppenangebote anhaltenden Zuspruch, etwa der wöchentliche Sprachkurs und das monatliche Welcome Café in Zürich. Zu den Highlights des Jahres gehörten die gemeinsame Busreise zur Pride in Lugano Anfang Juni und die Teilnahme an der Zürich Pride zwei Wochen später. Insbesondere den Organisator_innen der Zürich Pride danken wir, denn wie schon im vergangenen Jahr haben sie die Teilnahme der von uns betreuten Asylsuchenden am Demonstrationsumzug und den After-Partys durch ihre grosszügige Unterstützung ermöglicht. Und auch in diesem Jahr gehörten das Pink Apple Filmfestival in Zürich sowie das Queersicht Filmfestival in Bern wieder zu unseren Partnern im Bereich Kultur in der Community.
Im Jahresverlauf kamen etwa 15 Personen, darunter fünf trans Menschen, neu in unser Mentoringprogramm. Die Mehrzahl von ihnen nahm über unsere Website Kontakt mit uns auf, welche auch Anlaufstelle für viele Hilfesuchende aus dem Ausland blieb (Schwerpunktländer: Uganda, Sambia, Syrien, Libanon, Jemen, Ägypten, Libyen, Algerien und Marokko).
KLEINE ERFOLGE …
Die Zahl der Asylentscheide im gleichen Zeitraum lag etwas unter jener der Neuzugänge. Ein kleiner Erfolg ist, dass insgesamt fünf Gesuche bewilligt wurden, fünf unserer Asylsuchenden also in der Schweiz bleiben dürfen. Dennoch wurden auch 2018 wieder eine ganze Reihe von Asylanträgen abgelehnt. Während einigen der Betroffenendie vorläufige Aufnahme gewährt wurde, kämpfen andere nach einem meist langwierigen Asylverfahren nun mit Hilfe eines Rechtsbeistandes um einen Rekurs oder eine Wiedererwägung.
… UND TRAURIGE GESCHICHTEN
Besonders traurig sind die Geschichten zweier Geflüchteter, die nach einem Negativentscheid – und in einem Fall dem zermürbenden Marsch durch verschiedene rechtliche Instanzen – in ihre Heimatländer Uganda und Sierra Leone zurückkehren mussten, trotz der dortigen Gefahrensituation. Drei der von uns betreuten Personen wurden nach kurzem Aufenthalt in der Schweiz in andere Dublin-Staaten zurückgewiesen.
UNSICHERHEITEN DURCH ÄNDERUNGEN IM ASYLPROZESS
Diese Zahlen illustrieren, wie wichtig die anhaltende Sensibilisierung und Information sowohl der verantwortlichen Personen im Asylwesen als auch der Öffentlichkeit im Hinblick auf die Situation queerer Geflüchteter ist. AnVeranstaltungen, im Radio sowie in Artikeln in der Tagespresse und in Community-Magazinen haben wir auf ihre schwierige Lage aufmerksam gemacht. Mit Sorge blicken wir deshalb auf die bevorstehenden Änderungen im Asylprozess und die damit verbundenen Unsicherheiten, die sich insbesondere für besonders verletztliche Gruppen wieLGBTI*-Asylsuchende ergeben.
Den gesamten Bericht mit Jahresrückblick ansehen: Queeramnesty-Jahresbericht 2018