Russland: LGBT-Aktivisten in St. Petersburg festgenommen – Slavic Pride für den 25. Juni 2011 verboten

25. Juni 2011 Schlägerangriff. Polizei nimmt 14 LGBT-Aktivisten fest. Quelle mit Bildern und Blogg
Qeer.de: Gewalt und Festnahmen in St. Petersburg, Protest in Berlin.
20min (franz.): Les photos de la détention des homos arrêtés.
DieStandard.at: Festnahmen bei Auflösung von Gay Pride in Sankt Petersburg.

13.07.2011: AI-Update – Festgenommenen Personen wieder auf freiem Fuss (PDF, Englisch)

In St. Petersburg wollten wir eigentlich keine solchen Bilder sehen („Gleiche Rechte“, „Homophobie ist heilbar“; ©AP)

Die zuständigen Behörden in St. Petersburg haben AktivistInnen der russischen LGBT-Bewegung das Abhalten einer „Slavic Pride“ für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern untersagt. Es bestehen Befürchtungen, dass friedliche Demonstrierende von der Polizei festgenommen werden könnten. Gegendemonstrierende haben bereits mit Gewalt gedroht.

BULGARIEN: Angriff auf Aktivisten (Juni 2011)
UNGARN: Mit Zitronen gegen Tränengas (Juni 2011)
KROATIEN: Gewalt an Pride in Split (Juni 2011)
RUSSLAND: Moskau Pride erneut verboten (Mai 2011)
OSTEUROPA: Online-Petiton für Prides 2011 (Mai-Juli 2011)
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Hintergrund und
Musterbrief

< ! -----------------------------------------------------------------------------------> TOPSlavic Pride in St. Petersburg verbotenHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Russland: LGBT-Aktivisten in St. Petersburg in Gefahr – Slavic Pride für den 25. Juni 2011 verboten
(Amnesty UA 192/11 Russland, EUR 46/026/2011)

Die zuständigen Behörden in St. Petersburg haben AktivistInnen der russischen LGBT-Bewegung das Abhalten einer „Slavic Pride“ für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern untersagt, die für den 25. Juni angesetzt ist. Es bestehen Befürchtungen, dass friedliche Demonstrierende von der Polizei festgenommen werden könnten. Gegendemonstrierende haben bereits mit Gewalt gedroht.
Wende Dich an den Governeur von St. Petersburg (Valentina I. Matvienko) und an die Ombudsperson für Menschenrechte von St. Petersburg (Aleksei Kosyrev), sowie an die Botschaft Russlands in der Schweiz.

Mitglieder der Organisation Ravnopravie (Gleichheit) teilten im Juni den Behörden mehrerer Stadtbezirke in St. Petersburg mit, dass sie eine friedliche Demonstration für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern in Russland und der Welt abhalten wollen. Gemäss des Gesetzes über öffentliche Versammlungen und Demonstrationen haben Behörden die Möglichkeit, Veranstaltern einen anderen Ort oder einen anderen Zeitpunkt vorzuschlagen, sofern gegen die vorgesehene Strecke oder den vorgesehenen Ort einer öffentlichen Veranstaltung begründete Einwände vorliegen.

Die Zuständigen mehrerer Stadtbezirke schlugen alternative Veranstaltungsorte wie etwa abgelegene Waldstü-cke oder Industriegebiete vor, die für eine Demonstration schlicht ungeeignet sind oder gaben willkürliche Begründungen ab, warum diese nicht in dem betreffenden Stadtbezirk abgehalten werden könne. Die Behörden des Vasileostrovskii-Bezirks zum Beispiel erklärten Ravnopravie gegenüber, dass ein geplanter Umzug entlang des Neva-Ufers nicht möglich sei, da er Autofahrer vom Verkehr ablenken würde und es dadurch zu Unfällen kommen könnte. Mitglieder von Ravnopravie sowie andere AktivistInnen versuchen weiterhin mit den Behörden zu verhandeln, um einen angemessenen Veranstaltungsort für die „Slavic Pride“ zu finden.

Amnesty International fürchtet, dass friedliche Demonstrierende für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern von Festnahmen durch die Polizei oder Angriffen von Gegendemonstrierenden bedroht sind, sofern ihnen kein angemessener Veranstaltungsort angeboten wird und sie dennoch beschliessen, die Veranstaltung durchzuführen.

Demonstrierende gegen die Rechte von Homosexuellen haben bereits mehrfach zu Gewalt aufgerufen. Am 17. Juni wurde in St. Petersburg eine „öffentliche Austreibung“ der Homosexuellenbewegung abgehalten. Teil dieser Demonstration war das Umwickeln eines Sargs mit einer LGBT-Flagge in Regenbogenfarben, in den anschliessend ein Messer gerammt wurde. Die Polizei griff nicht ein. Die Demonstrierenden forderten ausserdem die Entlassung des Zuständigen für den Moskowskii-Bezirk in St. Petersburg, da dieser im Mai 2011 einen Protest gegen Homophobie genehmigt hatte.


Symbolische Zerstörung von Regenbogensarg (sic!) vor historischem Dennkmal durch Homophobe in St. Petersburg. © via ruskline_ru Russian Orthodox Church.

TOPSlavic Pride in St. Petersburg verbotenHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Hintergrundsinformationen

LGBT-AktivistInnen in der Russischen Föderation bemühen sich bereits seit mehreren Jahren in Moskau und seit einiger Zeit auch in St. Petersburg, friedliche Umzüge zu veranstalten.

Die Behörden weigern sich durchgehend, derartige Veranstaltungen zu genehmigen. Angehörige der Polizei und gewalttätige Gegendemonstrierende haben LGBT-AktivistInnen bereits mehrfach tätlich angegriffen und verletzt. Im Oktober 2010 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass Russland gegen die im Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention festgehaltene Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit verstösst, da Nikolai Alekseyev drei Jahre in Folge verboten wurde, in Moskau eine Gay Pride-Veranstaltung abzuhalten. Mit Verbot einer öffentlichen Veranstaltung, das durch die Ankündigungen ungesetzmässiger und gewaltsamer Störungen durch Anti-LGBT-Gruppierungen begründet wird, haben die zuständigen Behörden in Russland nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte „die Absichten derjenigen Personen und Organisationen bestätigt, die friedliche Demonstrationen unter Missachtung des Gesetzes und der öffentlichen Ordnung ausdrücklich und bewusst stören wollen.“

Im Oktober 2010 kam ein St. Petersburger Gericht zu dem Schluss, dass das Verbot gegen eine Gay Pride-Veranstaltung in St. Petersburg vom Anfang des Jahres nicht gesetzmässig war.

Trotz des Gerichtsbeschlusses verweigerten die Moskauer Behörden im Jahr 2011 erneut ihre Genehmigung für einen Moskauer Umzug und leiteten keine Massnahmen ein, um Demonstrierende vor Gewalt zu schützen. Sie begründeten ihre Entscheidung erneut mit der hohen Anzahl an Personen und Gruppierungen, die sich gegen die Veranstaltung aussprachen. Am 28. Mai wurden mindestens 30 Personen für eine kurze Zeit festgenommen, da sie sich mit Transparenten und Plakaten in Richtung des Kremls bewegten. Mindestens eine Demonstrantin, eine junge Journalistin, musste sich wegen eines Angriffs in medizinische Behandlung begeben.

Internationale Gesetze zum Schutze der Menschenrechte verpflichten Staaten sicherzustellen, dass sowohl Einzelpersonen als auch Personengruppen ihre Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit wahrnehmen können, ohne Gewalt oder Störungen zu fürchten. Androhungen von Gewalt durch Gegendemonstrierende dürfen nicht Vorwand für das Verbot öffentlicher Veranstaltungen sein, sondern müssen polizeilich geahndet werden.

TOPSlavic Pride in St. Petersburg verbotenHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Schreibt höfliche Briefe auf Russisch, Englisch oder in einer andern Sprache, bis zum 2. August 2011

Schreibt Birefe mit folgenden Forderungen:

  • Stellen Sie sicher, dass jede Person, unabhängig der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität, das Recht auf friedliche Versammlung wahrnehmen kann.
  • Ich appelliere an Sie, einen geeigneten Ort für die geplante „Slavic Pride“ zur Verfügung zu stellen.
  • Ich fordere Sie höflich dazu auf, die TeilnehmerInnen der „Slavic Pride“ wirksam vor Gewalt durch Gegen-demonstrierende zu schützen.

Unterschreiben und einsenden Musterbrief unten Urgent Action Amnesty Schweiz, UA 192/11.

TOPSlavic Pride in St. Petersburg verbotenHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Letter (ENGLISH)

Dear Governor,

I take the liberty of expressing my serious concern on behalf of the security of the lesbian, gay, bisexual and transgender (LGBT) activists, who are going to take their right on a peaceful demonstration on June 25th.

There have been threads of violence from anti-gay rights protestors and there are fears the police will detain the
participants of Slavic Pride.

Members of the organization Ravnopravie (Equality) gave notice of their intention to hold a peaceful demonstration for the rights of LGBT people in Russia and beyond to several district administrations in St. Petersburg in June. In line with the law on public meetings, demonstrations and pickets, the authorities can suggest a different location or a different time if there are legitimate objections to the proposed route or location of a public event.

May I kindly ask you to be committed to

  • respect the right of everyone to peaceful assembly, regardless of their sexual orientation or gender identity
  • provide a suitable public location for the Slavic Pride to take place;
  • ensure that participants in the Slavic Pride are protected against violent acts by counter-demonstrators.

Thanking you for your intervention, I remain
Most respectfully yours

copy to:
– Ombudsperson for human rights of St. Petersburg,Aleksei Kosyrev
– Ambassade de la Fédération de Russie, Suisse

Briefe aus der Schweiz mit Fr. 1.40 frankieren.

Adressen:

Governeur von St. Petersburg,
Valentina I. Matvienko,
Smolny,
St. Petersburg, 191060
RUSSISCHE FÖDERATION
Fax: (007 812 576 7827)
E-Mail: gubernator@gov.spb.ru
korrekte Anrede: Dear Governor / Sehr geehrter Herr Gouverneur

Kopien an:

Ombudsperson für Menschenrechte von St. Petersburg,
Aleksei Kosyrev,
Shcherbakov per. 1-3,
191002 St. Petersburg,
RUSSISCHE FÖDERATION
Fax: (007) 812 572 7306
E-Mail: mail@ombudsmanspb.ru

Ambassade de la Fédération de Russie;
Brunnadernrain 37;
3006 Berne.
Fax: 031 352 55 95
E-mail: rusbotschaft@bluewin.ch