Seit Ende Mai hat Uganda eines der härtesten Anti-LGBTQI*-Gesetze der Welt. Was sagen queeren Ugander*innen dazu? 

 

Es war eine schlimme Nachricht für alle queeren Ugander*innen: Ende Mai unterschrieb ihr Präsident Yoweri Museveni ein Anti-LGBTQI*-Gesetz, das homosexuelle Handlungen ausserordentlich hart bestraft. «Nur» queer zu sein, ist noch nicht strafbar, die «Beteiligung an homosexuellen Handlungen» stellt aber ein Verbrechen dar. Auch LGBTQI*-Aktivist*innen drohen bis zu 20 Jahren Gefängnis für das Verbreiten von «queerer Ideologie». Die Höchststrafe für homosexuelle Handlungen ist der Tod. Somit hat Uganda eines der härtesten Anti-LGBTQI*-Gesetze der Welt.  

«Als ich gelesen habe, dass der Präsident dieses Gesetz unterschrieben hat, hat mich das sehr deprimiert; meine Fröhlichkeit war plötzlich weg», erzählt Tharcille. Sie verliess Uganda vor zwei Jahren, weil sie Angst hatte, wegen ihrer sexuellen Orientierung umgebracht zu werden. Erzählt, dass sie lesbisch ist, hat sie dort niemandem. «Schon bevor die Todesstrafe offiziell eingeführt wurde, wurden queere Menschen getötet», sagt sie. Tharcille lebt seit wenigen Monaten in der Schweiz, hier kann sie sein, wie sie ist – und freut sich bereits auf die Pride in Bern. Sie wünscht sich, dass alle Menschen gleichbehandelt werden – egal, woher sie stammen und wen sie lieben.  

Für Tharcille ist klar: Damit sich in ihrem Land je etwas ändert, muss der Präsident wechseln. Yoweri Museveni (78) ist seit 37 Jahren im Amt. Berichte bringen ihn in Verbindung mit einer fundamentalistisch-evangelikalen US-Organisation namens The Family (auch als The Breakfast Movement oder The Fellowship Foundation bekannt). Sie gilt als gut vernetzt und finanziell potent.   

 

Geschlagen und in grosser Angst 

Geschockt von der neuen Gesetzeslage in Uganda ist auch Gladys: «Ich war fassungslos, traurig, gebrochen und voller Schmerz, nicht nur für mich, sondern auch für die gesamte LGBTQI*-Gemeinschaft.» Als sie in Uganda lebte, war sie nicht öffentlich geoutet. «Es war schwierig und kompliziert, meine sexuelle Orientierung herauszufinden, und es dauerte einige Zeit, bis mir klar war, dass ich lesbisch bin. Es brachte zudem zahlreiche Herausforderungen mit sich, darunter Diskriminierung sowie Ablehnung durch meine unmittelbare Familie und Verwandten», erzählt sie. Ihre Eltern sagten ihr, sie sei nicht mehr willkommen. Doch es kam noch schlimmer: Gladys wurde sogar verhaftet, weil sie sich als queer identifiziert. «Ich wurde schlimm geschlagen und lebte in grosser Angst», schildert sie. Niemand wollte sich mehr mit ihr abgeben; sie verlor alles und sah nur noch einen Ausweg: die Flucht. Seit sie in der Schweiz lebt, spürt sie ein Gefühl der Zugehörigkeit, das sie vorher nicht hatte: «Ich bin stolz darauf, dass ich meinen Safe Space gefunden habe». 

Für ihr Heimatland fürchtet sie derweil das Schlimmste, sogar dass aufgrund des neuen Gesetzes ein Genozid an queeren Menschen stattfinden könnte: «Einige Geistliche und religiöse Führer sprechen sich offen dafür aus». In jedem Fall würden viele Menschen ihr Recht auf freie Meinungsäusserung verlieren, einige von ihnen indirekt, andere direkt angegriffen werden. 

 

Was braucht es für einen Wandel?

Trotz allem Negativen, das sie erlebt hat, ist Gladys positiv gestimmt, dass sich noch zu ihren Lebenszeiten etwas ändern wird, denn in den letzten Jahrzenten hat sich für die Rechte von queeren Menschen vieles gebessert. «Das Tempo des Wandels variiert halt von Region zu Region und von Kultur zu Kultur», fügt sie hinzu. In Uganda brauche es für einen Wandel Aufklärung, Sensibilisierung, Respekt für verschiedene sexuelle Orientierungen und geschlechtliche Identitäten, Antidiskriminierungsgesetze sowie soziale Akzeptanz und Unterstützung. 

Doch dieser Wandel wird wohl noch eine Weile auf sich warten lassen. Anfang Juli behaupteten ugandische Abgeordnete im EU-Parlament, dass es sich bei dem neuen Gesetz «nicht um Diskriminierung handelt». Und weiter: «Das Todesurteil ist für schwere Straftaten. Wir verfolgen beide, Homosexuelle und Heterosexuelle». Eine botswanische Abgeordnete betonte, dass Uganda nicht repräsentativ sei für den Kontinent: «Afrika ist riesig. Es ist wichtig zu erkennen, dass die Ansichten Ugandas und anderer Länder zu LGBT-Rechten nicht zwangsläufig die Ansichten meines Landes sind». 

Dennoch ist die Lage für queere Menschen in vielen Ländern Afrikas schwierig – und einige lassen sich nun von dem neuen harten Gesetz in Uganda inspirieren. In anderen wie etwa dem benachbarten Burundi stehen homosexuelle Handlungen schon seit 2009 unter Strafe. Es drohen Gefängnis- oder Geldstrafen. Burundi kennt kein Antidiskriminierungsgesetz. 

 

Grosser Einfluss von Evangelikalen aus den USA 

Uganda ist ein christliches Land. Rund 85 Prozent der Bevölkerung gehören dem Christentum an, 14 Prozent sind Muslime. Die britische Kolonialherrschaft endete 1962, dennoch besuchten religiöse Missionare das Land weiterhin, darunter auch viele sehr konservative, homophobe Evangelikale aus den USA, die einen grossen Einfluss auf die Haltung der Gesellschaft haben. So gibt es heute zahlreiche Kirchen, die von solchen Pastoren geleitet werden, andere haben Verbindungen zur Kirche von England. 

Dennoch leben weiterhin viele queere Menschen in Uganda (offizielle Zahlen gibt es nicht) – längst nicht alle hatten das Glück, wie Gladys und Tharcille in einem sicheren Land unterzukommen. Für sie gibt es nur sehr wenige Safe Spaces, in denen sie keine Angst haben müssen. «Die anhaltende Diskriminierung, die Stigmatisierung und potenzielle Bedrohungen sind sehr belastend», sagt Gladys. «Bei einigen führt dies zu grosser Traurigkeit bis hin zu Selbstmordgedanken, andere sehen sich gezwungen, ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität zu verbergen, um sich selbst zu schützen». 

Laut der LGBTQI*-Hilfsorganisation Rainbow Railroad hat die neue Gesetzgebung in Uganda einen direkten Zusammenhang zur Zunahme an Flüchtlingen. Dieses Jahr haben sie bereits über 460 Hilfegesuche von queeren Ugander*innen erhalten. Das ist ein «starker Anstieg gegenüber den Vorjahren», so die Organisation.