Kamerun: Erschreckende Zunahme von homophober Verfolgung – 5 Jahren für zwei Männer –
Amnesty International verlangt deren sofortige Freilassung
update Briefmarathon für Jean-Claude Roger Mbede – Anwältin behindert und bedroht.
Alice Nkom, Menschenrechtsanwältin, setzt sich seit vielen Jahren für verfolgte Homosexuelle ein. Sie bekommt Morddrohungen von Kollegen. Foto: Guardian.
Seit einiger Zeit rollte ein eigentliche Welle von Verfolgungen, Verhaftungen und Verurteilungen von Homosexuellen, vor allen von schwulen Männern, durch das Land.
Die nun in Yaoundé verurteilten jungen Männer – Jonas (19) und Francky (20) – wurden im Juli 2011 wegen (von diesen bestrittenen) sexuellen Handlungen im Auto festgenommen. Ein dritter Mann, Hilaire, wurde in Abwesenheit verzurteilt, da ihm zuvor die Flucht gelang.
Personen, die wegen (angeblicher) Homosexualität im Gefängnis sitzen, sind regelmässig Opfer von Misshandlung und Gewalt durch Beamte wie durch Mitgefangene; Sie werden in Besuchsrechten, Gesundheitsversorgung zusätzlich eingeschränkt und werden wie Schwerkriminelle behandelt.
Amnesty International: Cameroon urged to release men jailed for alleged homosexuality (Englisch, PRE01/590/2011)
Medien:
Zwei Minderjährige wegen Homosexualität verurteilt. Schauprozess ohne Verteidigerin das Wort zu geben. Als Beweis galt dem Richter das „Trinken von Baileys, einem typischen Frauengetränk“, rfi, 23.11.2011:
Cameroun: deux mineurs condamnés pour homosexualité (Französisch)
Guardian, 16.11.2011: Cameroon gay rights lawyer warns of rise in homophobia (Englisch)
Homosexuelle regelmässig Opfer von Betrug (und Erpressung), rfi, 13.11.2011:
Cameroun: les homosexuels victimes d’arnaques (Französisch)
Ein Erpresser und Spitzel unter Homosexuellen, rfi, 09.11.2011:
Un maître chanteur à l’origine de l’arrestation d’un homosexuel camerounais (Französisch)
Neue Verhaftungen wegen Homoseuxualität, rfi, 27.08.2011:
Nouvelles arrestations pour homosexualité au Cameroun (Französisch).
Mehr zu Kamerun:
Kurzdossier Homosexualiät – Besorgnis um die Gesundheit Inhaftierter (Jan 2012)
Kamerun: Muss endlich die homophoben Gesetze und deren Anwendung stoppen (Sep 2011).
Freilassung zweier junger Männer verlangt (Aug 2011).
Jean-Claude Roger Mbede aufgrund eines SMS für drei Jahre im Gefängis (Mai 2011).
Kamerun, HRW-Report: Cameroon: Same-Sex Relations Bring Attacks, Arrests (Nov. 2010)
Kamerun, Amnesty-Report: Straflosigkeit – Grund für schweren Missbrauch (Jan 2009) Cameroon, Amnesty-Report: Impunity underpins persistent abuse (PDF, 290 kB, AFR 17/001/2009)
Cameroun, rapport Amnesty: L’impunité favorise les atteintes constantes aux droits humains (PDF, 540 kB).
Kamerun, Dokfilm, Entkriminaliseriungsdebatte: «sortir du Nkuta» (März 2010)
Kamerun, Homosexuelle inhaftiert: Freilassung von Baeeg Lazare gefordert (Juni 2008)
Kamerun, Medienangriffe: Recht auf Bildung, Schutz vor Diskriminierung (Juni 2006)
Amnesty International: Länderbericht Kamerun 2012 und 2011.
Aktuell Rwanda: Homophober Überfall auf Filmemacher Dady de Maximo Mwicira Mitali – mit Pistole, Messer und Benzin schwer verletzt (Nov 2011).
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Pressemitteilung Deutsch
vom 24.11.2011
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Kamerun: Die wegen vermeintlicher homosexueller Handlungen zu Gefängnisstrafen verurteilten Männer müssen freigelassen werden
Amnesty International PRESSE RELEASE, AI Index: PRE01/590/2011, 24. November 2011
Die Regierungsbehörden Kameruns müssen unverzüglich zwei Männer freilassen, die ein Gericht in Yaoundé wegen homosexueller Handlungen zu fünf Jahren Gefängnisstrafe verurteilt hat, erklärte Amnesty International heute.
Ein dritter Mann wurde in Abwesenheit verurteilt. Er war auf Kaution vorläufig entlassen worden und nicht mehr vor Gericht erschienen. Alle Drei waren im Juli festgenommen worden. Nach Aussagen der Polizei wurden sie bei sexuellen Handlungen in einem Auto überrascht.„Das Gericht in Yaoundé muss die schockierende Verurteilung aufheben, die diese drei Männer allein auf der Basis ihrer vermuteten sexuellen Orientierung bestraft“, sagte Erwin van der Borght, Direktor des Afrika-Programms von Amnesty International.
„In Kamerun sind inhaftierte Personen, die wegen solcher Vergehen angeklagt werden, recht häufig Opfer von Missbrauch und gewalttätigen Übergriffen durch Mithäftlinge oder GefängniswärterInnen. Die Regierungsbehörden Kameruns müssen die beiden Männer umgehend freilassen und das diskriminierende Anti-Homosexuellengesetz ihres Landes abschaffen“, fügte er hinzu.
Alle drei Männer – bekannt unter ihren Vornamen Francky, Jonas und Hilaire – erhielten die Höchststrafe von 5 Jahren Gefängnishaft, die in Kamerun für gleichgeschlechtliche Handlungen verhängt werden kann. Außerdem wurden alle Drei zusätzlich zur Zahlung einer Geldbuße von je 200.000 Francs CFA (ungefähr 300€) verurteilt. Ihr Anwalt hat Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.
Amnesty International hält diese beiden Männer für gewaltlose politische Gefangene, die nur wegen ihrer vermuteten sexuellen Orientierung verurteilt wurden.
Homosexualität ist in Kamerun ein Strafdelikt. Das Land erfährt seit einiger Zeit eine Welle von homosexuellenfeindlichen Verfolgungen.
Mindestens 10 Menschen wurden unter Berufung auf dieses diskriminierende Anti-Homosexuellen- gesetz in Douala und Yaoundé seit März 2011 festgenommen. Am 28. April wurde Jean Claude Roger Mbede für schuldig befunden und zu drei Jahren Gefängnishaft verurteilt. Mindestens sechs weitere Personen, die im Juli und August festgenommen worden waren, sind immer noch im Gefängnis, drei Männer wurden festgenommen und später wieder freigelassen.
„Die strafrechtliche Verfolgung von Erwachsenen wegen einvernehmlicher privater sexueller Handlungen unter Berufung auf das kamerunische Strafgesetz steht in eindeutigem Widerspruch zu Internationalen Menschenrechtsabkommen, die Kamerun unterzeichnet und ratifiziert hat.“
„Die Regierung Kameruns muss Maßnahmen ergreifen um Festnahmen, Verhaftungen und Schikanierungen von Menschen aufgrund ihrer vermeintlichen oder tatsächlichen sexuellen Identität ein Ende zu setzen“, schloss Erwin van der Borght.
(Übersetzung ins Deutsche durch die Koordinationsgruppe Kamerun (2017, Amnesty International Deutschland) Es gilt das englische Original.)
Quelle: Pressemitteilung PRE01/590/2011 als PDF (23 kB).