Am 27. Januar verhaftete die Polizei in Nord-Aceh 12 Transmenschen und schloss fünf Schönheitssalons, in denen diese arbeiteten. Dies, nachdem sich Anwohner_innen über deren Aktivitäten beschwert hatten. Die Polizei schnitt bei der Razzia den 12 Verhafteten die Haare kurz und zwang sie, Männerkleidung zu tragen, um sie «maskuliner» zu machen.
Usman Hamid, Geschäftsführer von Amnesty International Indonesien, kritisiert die indonesischen Behörden scharf: «Die neusten Razzien in Schönheitssalons sind nur ein weiteres Beispiel, wie Behörden willkürlich Transmenschen ins Visier nehmen, einfach weil sie so sind, wie sie sind. Und obwohl sie keine Straftaten begangen haben. Aceh wird zunehmend ein feindseliger Ort für LGBTI*-Menschen», sagte Usman Hamid. «Die Haare der Verhafteten zu schneiden und sie zu zwingen, sich wie Männer zu kleiden, ist eine Form der öffentlichen Beschämung. Eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung, die den internationalen Verpflichtungen Indonesiens widerspricht. Es ist Teil einer langjährigen Operation, LGBTI*-Menschen in der Region zu belästigen und zu diskriminieren, die sofort aufhören muss.»
Die Polizei liess alle Transmenschen am 28. Januar ohne Anklage wieder frei. Der örtliche Polizeichef sagte den Medien, dass man sie für ein «Umerziehungsprogramm» inhaftiert habe, um sie zu «normalen» Männern zu machen.
«Die sogenannte ‚Umerziehung‘ von Transmenschen durch die Polizei ist nicht nur erniedrigend und unmenschlich, sondern auch ungesetzlich und ein klarer Verstoss gegen die Menschenrechte», sagte Usman Hamid. «Diese Vorfälle müssen umgehend und gründlich untersucht werden. In Aceh sind nicht nur Transmenschen mit Schikanen, Einschüchterungen und Angriffen konfrontiert – alle LGBTI*-Personen sind ernsthaft von solchen Handlungen bedroht. Diese Angriffe müssen sofort gestoppt werden, und die Behörden müssen alle Menschen in Aceh vor dem Gesetz gleich behandeln. Die Polizei ist da, um die Menschen zu beschützen, nicht um sie zu demütigen und ihre Rechte zu verletzen.»
Dieser Vorfall ereignete sich wenige Wochen, nachdem lokale und organisierte Gruppen am 17. Dezember 2017 ein Hotel überfallen und sechs Transmenschen den Strafverfolgungsbehörden übergeben hatten. Dies, nachdem sie erfahren hatten, dass im Hotel ein Trans-Schönheitswettbewerb stattfand. Sie waren der Ansicht, dass damit das Scharia-Recht in Aceh verletzt werde.
Ein früherer Verstoss gegen das Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung hatte sich im Mai 2017 abgespielt: Zwei Männer erhielten öffentlich je 83 Peitschenhiebe, nachdem sie von einem Gericht in Banda Aceh wegen gleichgeschlechtlicher sexueller Beziehungen (Liwath) gemäss dem islamischen Strafrecht in Aceh verurteilt worden waren. Die Scharia-Rechte sind seit dem Inkrafttreten des Sonderautonomiegesetzes der Provinz Aceh im Jahr 2001 in Kraft und werden von islamischen Gerichten vollstreckt. Dies war das erste Mal, dass schwule Männer in der Provinz unter dem Scharia-Recht verurteilt wurden.
LGBTI*-Gruppierungen werden auch in anderen indonesischen Regionen strafrechtlich verfolgt. Am 25. Mai 2017 wurden in Nord-Jakarta 141 Männer von der örtlichen Polizei festgenommen, nachdem sie an einer durch die Polizei als «homosexuelle Sex-Party» bezeichneten Veranstaltung teilgenommen hatten. Am nächsten Tag liess die Polizei 126 Männer frei, beschuldigte jedoch zehn von ihnen der Verbreitung von «Pornographie-Dienstleistungen».
Mit Ausnahme von Aceh werden nach dem indonesischen Strafgesetzbuch einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht als Straftaten geahndet. Allerdings hat in dem ohnehin schon feindseligen Umfeld für LGBTI*-Personen nun eine Gruppe von Abgeordneten im Repräsentantenhaus einen Änderungsvorschlag zum Strafgesetzbuch vorgelegt, nach dem gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisieren werden sollen.
Freie Übersetzung aus dem Englischen: mas