DER GAMBISCHE PRÄSIDENT PRÜFT MOMENTAN EINEN VON DER NATIONALVERSAMMLUNG VORGELEGTEN GESETZESENTWURF ZUR ÄNDERUNG DES STRAFGESETZBUCHS. DADURCH WERDEN PERSONEN AUFGRUND IHRER TATSÄCHLICHEN ODER VERMEINTLICHEN SEXUELLEN ORIENTIERUNG NOCH STÄRKER ALS BISHER DISKRIMINIERT UND STRAFRECHTLICH VERFOLGT.

Am 25. August hat die Nationalversammlung von Gambia einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuchs (Bill for the Criminal Code (Amendment) Act 2014) verabschiedet. Dieser Entwurf stellt „schwere Homosexualität“ unter Strafe. Personen, denen dieser „Straftatbestand“ zur Last gelegt wird, können zu lebenslanger Haft verurteilt werden. „Schwere Homosexualität“ könnte beispielsweise so genannten „Wiederholungstätern“ vorgeworfen werden sowie HIV-positiven Menschen, denen eine gleichgeschlechtliche Orientierung unterstellt wird. Amnesty International befürchtet, dass die Bezeichnung „Wiederholungstäter“, die in dem Gesetzesentwurf verwendet wird aber nicht definiert ist, gegen Personen verwendet wird, die bereits zuvor aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung unter Anklage gestellt oder verurteilt wurden.

Präsident Yahya Jammeh hat 30 Tage Zeit, die Gesetzesvorlage zu prüfen, bevor er dem Entwurf entweder zustimmt oder ihn an die Nationalversammlung zur weiteren Überprüfung zurückgibt. Wenn er dem Entwurf zustimmt, wird das Gesetz verabschiedet und ist damit rechtskräftig.

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Hintergrundinformationen

Die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs steht im Zusammenhang mit weiteren Einschränkungen der Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit. Die Medien werden von der gambischen Regierung stark kontrolliert, und die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit werden erheblich eingeschränkt. Menschenrechtsverteidiger_innen, Journalist_innen und politischen Aktivist_innen drohen Schikane, Einschüchterung, willkürliche Festnahme und Inhaftierung, Folter und Entführung. Der Präsident hat mehrfach Menschenrechtsverteidiger_innen kritisiert, die sich für die Achtung der Menschenrechte von sexuellen Minderheiten einsetzen. Einige Gesetze in Gambia kriminalisieren bereits jetzt einvernehmliche gleichgeschlechtliche Handlungen und sehen Gefängnisstrafen von bis zu 14 Jahren dafür vor.

Präsident Yahya Jammeh hat mehrfach öffentlich die Rechte von LGBTI (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle) angegriffen, so z. B in der UN-Generalversammlung im Jahr 2013: „Personen, die Homosexualität fördern, möchten, dass die Menschheit aufhört, zu existieren. Homosexualität wird zur Epidemie, und wir Muslime und Afrikaner werden mit aller Kraft dagegen ankämpfen.“ Im Februar 2014 erklärte er: „Wir werden dieses Ungeziefer, das sich homosexuell oder schwul nennt, genauso bekämpfen wie Moskitos, die Malaria hervorrufen – wenn nicht sogar stärker.“ 2012 wurden 18 Männer und zwei Frauen bei einer Razzia in einem Nachtclub festgenommen. Sie wurden wegen des Versuchs der „Unterhaltung einer sexuellen Beziehung entgegen der natürlichen Ordnung“ und wegen „Verabredung zu einer Straftat“ angeklagt. Ihre Fotos und Namen wurden in den Zeitungen veröffentlicht. Die Anklagen gegen sie wurden aufgrund mangelnder Beweise fallengelassen.

Im Mai verabschiedete die Afrikanische Kommission für Menschenrechte und Rechte der Völker die Resolution 275 zum Schutz vor Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung (Resolution on Protection against Violence and other Human Rights Violations against Persons on the basis of their real or imputed Sexual Orientation or Gender Identity), die „die systematischen Angriffe durch staatliche und nicht-staatliche Akteure gegen Personen wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität“ verurteilt.

Auch weitere Bestimmungen des Gesetzesentwurfs entsprechen nicht den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Gambias. Der neue Straftatbestand „Flucht von Staatsbediensteten“ (z. B. wenn Behördenvertreter_innen nach einer Auslandsreise nicht mehr nach Gambia zurückkehren) könnte dazu verwendet werden, um Andersdenkende, die aus dem Land fliehen, ins Visier zu nehmen. Darauf würden nach dem neuen Gesetzesentwurf eine Geldstrafe von bis zu 500.000 Dalasi (etwa 9.600 Euro) und eine bis zu fünfjährige Haftstrafe stehen.