Amnesty International weist in einem Bericht auf die erschreckende weltweite Verbreitung von Folter hin. Amnesty dokumentiert Folter und Misshandlung in 141 Ländern. 30 Jahre nach Verabschiedung der Antifolter-Konvention müssen die Staaten den Kampf gegen Folter endlich ernst nehmen. Amnesty International startet weltweite Kampagne «Stop Torture».

«Schläge, Tritte, Aufhängen an Händen oder Füssen, Elektroschocks, Isolation, vorgetäuschte Exekutionen, Schlafentzug, Vergewaltigung, Bedrohung durch Hunde. Dieser Albtraum ist Realität für unzählige Gefangene weltweit. Damit dürfen wir uns nicht abfinden», sagt Patrick Walder, Kampagnen-Verantwortlicher von Amnesty International Schweiz zum Start der Internationalen Kampagne «Stop Folter».

Amnesty International hat in den vergangenen fünf Jahren Folter und Misshandlung in 141 Ländern dokumentiert. In einigen Staaten handelt es sich um Einzelfälle, in vielen wird aber auch routinemässig oder systematisch gefoltert. Oft ist die Misshandlung der Festgenommen ein verbreitetes Mittel der Polizei, Geständnisse zu erpressen und Erfolge vorzuweisen.

Seit 1984 haben 155 Staaten die Uno-Konvention gegen Folter ratifiziert. Das Folterverbot gilt absolut und ohne Ausnahme weltweit, weil es zum zwingenden Völkerrecht gehört.

Amnesty-Bericht zu Folter im Jahr 2014

Zum Start der Kampagne «Stop Folter» veröffentlicht Amnesty International den Bericht«Folter 2014. 30 Jahre gebrochene Versprechen». Dieser Bericht gibt einen Überblick darüber, wie und wo Folter heute angewendet wird. Ausserdem werden verschiedene Foltermethoden beschrieben, wie zum Beispiel Stresspositionen, Schlafentzug, Elektroschocks und vorgetäuschten Exekutionen. Gefoltert wird aus unterschiedlichsten Gründen: um die politische Opposition einzuschüchtern oder im sogenannten Krieg gegen den Terror. Die meist verbreitete Anwendung von Folter wird in der Öffentlichkeit allerdings kaum wahrgenommen -Folter gilt in vielen Staaten als einfachster Weg, um Geständnisse zu erlangen und schnelle Erfolge vorzuweisen.

Viele Opfer von Folter gehören benachteiligten Gruppen an: Frauen, Kinder, Angehörige ethnischer Minderheiten, Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle. Besonders häufig sind auch Menschen betroffen, die in Armut leben. Es sind genau diese Menschen, die nur unzureichenden oder überhaupt keinen Zugang zu Wiedergutmachungsleistungen haben. Es fehlt ihnen am notwendigen Wissen, an Kontakten und finanziellen Mitteln, um eine Beschwerde gegen ihre Folterer einzureichen. Sie halten es für unwahrscheinlich, dass die Behörden ihnen Glauben schenken, und sie müssen befürchten, im Falle einer Anzeige erneut misshandelt zu werden.

Kinder und Jugendliche werden in zahlreichen Ländern zum Opfer von Folter. In Polizeigewahrsam drohen ihnen häufig Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt durch Polizeiangehörige und Mithäftlinge.

In vielen Ländern werden Frauen Opfer von Vergewaltigungen und anderen sexuellen Übergriffen durch Staatsbedienstete. In vielen Fällen haben sie kaum Zugang zu Rechtsmitteln und werden durch Gesetze diskriminiert, sodass es für sie noch schwieriger ist, Gerechtigkeit zu erlangen. Auch Männer werden Opfer von Vergewaltigung und anderen Formen sexueller Gewalt – die Hauptbetroffenen sind jedoch Frauen. Einige Formen von Folter und Misshandlungen betreffen ausschließlich Frauen, wie zum Beispiel Zwangsabtreibungen, Abtreibungsverbote, Zwangssterilisationen und Genitalverstümmelungen.

Inhaftierte Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle werden ebenfalls in anderer Weise angegriffen als heterosexuelle Häftlinge. Transgender-Personen werden oftmals entsprechend ihrer äußeren Geschlechtsmerkmale Hafteinrichtungen zugewiesen und nicht entsprechend des Geschlechts ihrer Wahl. Lesbische und schwule Häftlinge werden häufiger Opfer sexueller und anderer Gewalt als heterosexuelle Häftlinge, und zwar sowohl durch Mithäftlinge als auch durch das Personal der Hafteinrichtungen.

Maßnahmen zur Bekämpfung von Folter müssen deshalb alle Geschlechter umfassen und geschlechtsspezifische Aspekte berücksichtigen. Außerdem sind spezifische Maßnahmen notwendig, um den Schutz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender-Personen und Intersexuellen zu gewährleisten.

Weltweite Umfrage zum Thema Folter

Als Teil der «Stop Folter»-Kampagne hat Amnesty International eine weltweite Untersuchung bei GlobeScan zum Thema Folter in Auftrag gegeben. Befragt wurden mehr als 21’000 Menschen in 21 Ländern auf allen Kontinenten über ihre Einstellung zum Thema Folter und zur Situation in ihrem Land.

Die Studie ergab, dass beinahe die Hälfte (44%) der Befragten befürchteten, dass sie nach einer Verhaftung in ihrem Heimatland gefoltert werden könnten. Die überwiegende Mehrheit (82%) ist der Meinung, es solle klare Gesetze zur Bekämpfung von Folter geben. Trotzdem denkt mehr als ein Drittel (36%), dass in bestimmten Fällen die Anwendung von Folter gerechtfertigt sein kann.

Die Kampagne «Stop Folter»

Amnesty International fordert die Regierungen auf, konkrete Massnahmen zum Schutz gegen Folter zu ergreifen. Dazu gehören:

  • Transparenz: Zugang von Anwälten, Ärztinnen, Angehörigen und Menschenrechtsbeobachtern zu Gefangenen
  • medizinische Dokumentation von Folterfällen
  • bessere Kontrolle und Aufsicht der Polizei
  • Strafuntersuchungen von Foltervorwürfen
  • keine Verwendung von erzwungenen Geständnissen vor Gericht

Die weltweite Arbeit von Amnesty International im Kampf gegen Folter geht weiter. Die Kampagne konzentriert sich speziell auf fünf Länder: Mexiko, Marokko, Nigeria, Usbekistan und Philippinen. In diesen Ländern gibt es zwar Gesetze gegen Folter, aber in der Praxis wird weiter gefoltert.