Mehr als eine halbe Million Menschen fordern zusammen mit Amnesty International, dass Tschetschenien sofort damit aufhört, Männer zu verfolgen, die homosexuell sind oder dafür gehalten werden. In einem Appell rufen Amnesty Schweiz und LGBTI-Organisationen den Bundesrat dazu auf, Verfolgten in der Schweiz Schutz zu bieten.

Am Freitag, dem 2. Juni, werden Aktivistinnen und Aktivisten im Rahmen eines internationalen Aktionstages Unterschriften der Petition an russische Botschaften in aller Welt überreichen. In zahlreichen Städten werden in den nächsten Wochen Protestaktionen durchgeführt gegen die koordinierte Kampagne von Entführungen, Folter und Tod durch die Behörden der russischen Republik Tschetschenien.

Die Zeit läuft ab

«Homosexuelle Männer in Tschetschenien sind von einer schrecklichen Verfolgungswelle bedroht. Die Zeit läuft gegen sie. Wir rufen die internationale Gemeinschaft auf, ihre Tore zu öffnen für all diejenigen, die vor der homophoben Verfolgung in Tschetschenien fliehen», sagte John Dalhuisen, Direktor von Amnesty International für Europa und Zentralasien.

«Die Machthaber in Tschetschenien behaupten, dass es homosexuelle Männer nicht geben kann. Diese Woche werden Menschen weltweit zusammenkommen, um homosexuellen Männern in Tschetschenien zu sagen: Wir anerkennen Euch und verlangen Euren Schutz!»

Die russischen Behörden haben eine Voruntersuchung zu den Berichten über die Verfolgung von homosexuellen Männern eröffnet. Amnesty International ruft Russland auf, eine vollständige Strafuntersuchung durchzuführen und alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Sicherheit von potentiell gefährdeten Personen in Tschetschenien zu gewährleisten.

Am 1. April berichtete die unabhängige russische Tageszeitung Novaya Gazeta, dass über Hundert vermeintlich schwule Männer im Rahmen einer koordinierten Kampagne in den vergangenen Tagen entführt worden sind. Die Männer sollen gefoltert und in anderer Weise misshandelt und gezwungen worden sein, die Namen weiterer ihnen bekannter LGBTI-Personen preiszugeben. Novaya Gazeta gibt an, bestätigte Informationen über mindestens drei Männer zu haben, die von ihren Entführern getötet wurden, doch ihre Quellen sagen auch, dass es viele weitere Morde gegeben habe.

Globale Protestaktionen

Tausende von Unterschriften wurden weltweit in verschiedenen Petitionen gesammelt – auch in Ländern fernab von Russland, wie Brasilien oder Taiwan. Petitionsübergaben und Protestaktionen finden diese und kommende Woche vor zahlreichen russischen Botschaften statt – darunter in Belgien, Kanada, Finnland, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Spanien, Schweden, der Ukraine und Grossbritannien.

Appell an den Bundesrat

In der Schweiz richten die Schweizer Sektion von Amnesty International, Queeramnesty Schweiz, Transgender Network Switzerland, die Lesbenorganisation Schweiz und Pink Cross einen gemeinsamen Appell an den Bundesrat.

  • Die Schweiz hat sich auf internationaler Ebene immer wieder gegen die Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität eingesetzt. Angesichts der akuten Bedrohungssituation in Tschetschenien, rufen wir den Bundesrat / die Schweizer Behörden dazu auf, Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung an Leib und Leben bedroht sind, vor Verfolgung zu schützen, indem sie ihnen Asyl gewähren.
  • Des Weiteren bitten wir den Bundesrat, Aufrufe zu Hassverbrechen von RegierungsvertreterInnen mit klaren Worten zu verurteilen und von den russischen Behörden eine vollständige und unabhängige Untersuchung der oben genannten Verbrechen zu fordern.
Unterzeichnende
  • Manon Schick, Geschäftsleiterin, Amnesty International – Schweizer Sektion
  • Barbara Lanthemann, Geschäftsleiterin, Lesbenorganisation Schweiz
  • Henry Hohmann, Co-Präsident, Transgender Network Switzerland
  • Yannick Schneeberger, Co-Geschäftsleiter, Pink Cross
  • Tobias Simon Mäder, Queeramnesty Schweiz