Die ungarische Regierung greift seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2010 systematisch die Freiheit und Gleichberechtigung sexueller und geschlechtlicher Minderheiten in Ungarn an. Diese Angriffe sind seit dem Frühjahr 2019 eskaliert. Regierungspolitiker und Beamte äussern regelmässig offen homo- und transphob.

Im Jahr 2020 verbot die Regierung Orbán die rechtliche Anerkennung des Geschlechts von Trans*Personen, sowie die Adoption für Menschen, die in gleichgeschlechtlichen Beziehungen leben. Transphobe Bestimmungen wurden in die Verfassung aufgenommen, wodurch trans* Menschen weiter stigmatisiert werden und die Schulen gezwungen werden, Kindern Anti-LGBTI*-Ansichten zu vermitteln.

Im Juni 2021 wurde ein Gesetz (das sog. «Propaganda-Gesetz») verabschiedet, das Minderjährigen den Zugang zu allen Produkten, zu Werbung und Medieninhalten, sowie zu allen Schulprogrammen verbietet, die Homosexualität oder Informationen rund um Trans*identität und damit verbundenen medizinischen Eingriffen positiv darstellen und somit «fördern».

Am 3. April 2022 wird in Ungarn ein Anti-LGBTQI-Referendum abgehalten, das, sollte es erfolgreich sein, die Rechte und Gemeinschaften von LGBTQI in Ungarn stark beeinträchtigen wird. LGBTI*-Menschen werden von Orbán als politisches Futter benutzt, um die Wahlbeteiligung bei den am selben Tag stattfindenden Parlamentswahlen zu erhöhen.

Mit dem Referendum reagiert die Regierung darauf, dass die Europäische Kommission im Juli 2021 ein Verfahren gegen Ungarn wegen der diskriminierenden Massnahmen des Propagandagesetzes und eines Haftungsausschlusses für ein Kinderbuch mit LGBTIQ-Inhalten eingeleitet hat.

Orbán zählte fünf Fragen für das Referendum auf: Ob die Ungarn dafür seien, dass Minderjährige ohne Zustimmung der Eltern sexuell aufgeklärt werden, ob bei Kindern für Geschlechtsumwandlungen geworben werden dürfe sowie, ob bei Kindern „Geschlechtsumwandlungen“ durchgeführt werden dürfen. Ferner soll gefragt werden, ob Kindern Medienberichte zugänglich sein sollen, die ihre sexuelle Entwicklung beeinflussen können sowie Medienberichte über „Geschlechtsumwandlungen“.

Ungarische Nichtregierungsorganisationen organisieren eine Kampagne, um der Panikmache und Ausgrenzung durch die Regierung entgegenzuwirken und die Menschen zu ermutigen, ungültig zu stimmen. Aufgrund der voreingenommenen Formulierung der Referendumsfragen (z. B. „Unterstützen Sie die Verbreitung von geschlechtsangleichenden Behandlungen bei Minderjährigen?“) ist es nicht möglich, die Unterstützer:innen aufzufordern, anders zu wählen. Auf der Grundlage jüngsten Erhebungen wird die Gegen-Kampagne hoffnungs- und wertebasierte Botschaften hervorheben, die darauf abzielen, die Unterstützung der Bevölkerung zu erhöhen, und dabei cisgeschlechtliche und heterosexuelle Verbündete (Eltern, Geschwister, Freunde, Kollegen oder Teamkollegen) in den Mittelpunkt stellen, die darüber sprechen, wie sehr sie sich wünschen, dass ihre Angehörigen sicher und frei von Diskriminierung sind. Dann werden wir die Unterstützer:innen anweisen, wie sie ihre Stimmzettel ungültig machen können.

Warum ist das wichtig?

Ein gültiges Referendum wird die rechtliche Marginalisierung von LGBTQI-Personen in Ungarn zementieren und die laufenden Bemühungen der Orbán-Regierung verstärken, die Hass und Diskriminierung fördern. Jugendlichen werden wichtige Informationen über sexuelle Gesundheit, Rechte und Programme zur Mobbingprävention vorenthalten. Das Referendum ist jedoch auch eine Gelegenheit für eine breitere öffentliche Diskussion über die Bedeutung des Schutzes von LGBTQI-Menschen und ihren Familien. Jüngste Studien zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung LGBTQI-Personen gegenüber «akzeptierend» ist, die Akzeptanz ist auf einem historischen Höchststand, und die Ungarn:innen schätzen Freiheit, Sicherheit und Familie.