Amnesty International ist erleichtert über die Ablehnung der Heiratsstrafe-Initiative. Auch wenn die steuertechnischen Aspekte in der Diskussion im Vordergrund standen, gehörte es zu den Absichten der Initianten, eine rückwärtsgewandte Definition der Ehe in die Verfassung zu schreiben, die der vollen Gleichberechtigung von homosexuellen Paaren in Ehe und Familie einen Riegel vorgeschoben hätte. Dieser Diskriminierung wurde nun eine Absage erteilt. Der Weg zur Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen bleibt damit offen. Amnesty International wird sich weiter weltweit und auch in der Schweiz für die Menschenrechte von LGBTI einsetzen.
Mit diesen Argumenten stellte sich Amnesty International gegen die Heiratsstrafe-Initiative:
Die Initiative ist diskriminierend
Sie will in der Verfassung festschreiben, dass die Ehe nur Heterosexuellen offen steht. Damit wird eine neue Definition der Ehe eingeführt, die Schwule und Lesben diskriminiert – faktisch ein Eheverbot für Homosexuelle.
Die Initiative ist eine Mogelpackung
Sie dreht sich zwar primär um Steuerfragen, aber durch die Hintertür will sie gleichzeitig Schwule und Lesben ein für alle Mal vom verfassungsmässigen Recht auf Ehe ausschliessen.
Die Initiative zwingt dem Stimmvolk ein unfaires Entscheidungsdilemma auf
Wer den vorgeschlagenen Weg der Abschaffung der Heiratsstrafe befürwortet, muss gleichzeitig Ja sagen zur Diskriminierung von Schwulen und Lesben. Wir sollen also die Gleichbehandlung von heterosexuellen Paaren mit der Diskriminierung von Homosexuellen bezahlen!
Die Initiative will das Rad zurückdrehen
Die Initative ist ein Rückschritt, was die Rechte von Schwulen und Lesben betrifft: In vielen Ländern wird heute darüber diskutiert, ob die Ehe auch Homosexuellen offen stehen soll. In bereits 15 Ländern der Welt wurde das Recht auf «Ehe für alle» auch schon gesetzlich verankert. Mit der Einschränkung der Ehe auf Heterosexuelle via Verfassung will die CVP in der Schweiz das Rad zurückdrehen und eine offene Diskussion über die «Ehe für alle» verhindern.
Die Initiative rennt offene Türen ein – aber schliesst andere Türen
Alle Parteien in der Schweiz wollen die steuerliche Benachteiligung von Paaren (sogenannte «Heiratsstrafe») abschaffen. Viele sehen aber den besseren Weg als den über die Wirtschaftsgemeinschaft (wie ihn die Initiative vorschlägt) bei der Individualbesteuerung. Dieser Weg wäre nach einer Annahme der CVP-Initiative wohl verschlossen – ebenso wie die Tür zur Ehe für alle. (ai-ch)