20. November: Transgender Day of Remembrance – Auch Europa hat noch einen langen Weg vor sich zur Bekämpfung von Gewalt gegen Transpersonen

aktuell 23.11.2012 Spannende, fächerübergreifende Trans-Tagung in Bern

Am 20. November wird weltweit der Transgender Day of Remembrance gegangen – in Gedenken der vielen ermordeten Trans* Menschen. Transgender Europe und das Transmurder Monitoring Project veröffentlichten eine neue Weltkarte mit den 285 gemeldeten Hassmorden der letzten 12 Monate.
Das Transgender Network Schweiz organisiert auf den 23. November die erste juristische Fachtagung in der Schweiz.
Amnesty International räumt der Bekämpfung von Gewalt gegen Transpersonen hohe Priorität ein.

In einigen Ländern, in denen Schwule und Lesben auf dem Weg zur Gleichstellung viel erreicht haben, gelten Transgender immer noch als Freiwild für Ausgrenzung, Gewalt und Erpressung. Es darf nicht „Frauenrechte und Männerrechte“ geben, sondern muss „Menschenrechte“ für alle geben.

“Transmenschen werden diskriminiert und sind Opfer von Gewalt aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität und ihres geschlechtlichen Ausdrucks – in Europa und auf der ganze Welt.” . Marco Perolini, Experte für Diskriminierung, Amnesty International, 20. Nov. 2012 (Trans people are discriminated against and targeted for violence on the grounds of their gender identity and expression – in Europe and around the world.)

Amnesty International: still a long way to go to combat violence against transgender people (Englisch)

TGNS Schweiz: Transgender Day of Remembrance (Mit Link zur traurigen Namensliste der getöteten).

Tagung: Geschlechtsidentität – Selbstbestimmung oder Bevormundung

Henry Hohmann im Präsidium von Transgender Network Switzerland (Okt 2012)
Jedes Jahr immer noch mehr als 200 dokumentierte Hass-Morde an Transgender (April 2012)
Alicia Parel als neue Geschäftsführerin von Pink Cross (März 2012)
Informationsaustausch TGNS / Queeramnesty (Feb 2011)
Bern: Erste Schweizer Kundgebung zum Transgender Day of Remembrance (Nov 2010).
Trans* Dich – Gründung nationaler Lobbyorganisation Transgender Network (Sep 2010).

Amnesty Text Deutsch

Karte

 

TOP Amnesty Statement Deutsch

Europa hat bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Trans* noch einen weiten Weg vor sich
Amnesty International Statement, 20.Nov. 2012 – Deutsch von Queeramnesty Deutschland.

Die Staaten Europas sollten weitere Schritte unternehmen, um Trans* vor lebensgefährlicher Gewalt zu schützen.

„Trans* werden aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihres Geschlechtsausdrucks zur Zielscheibe für Diskriminierung und Gewalt – in Europa und weltweit.“ Marco Perolini, Experte von Amnesty International für den Bereich Diskriminierung

Die Staaten Europas sollten weitere Schritte unternehmen, um Trans* vor der Gewalt zu schützen, die in den letzten vier Jahren weltweit mehr als eintausend Menschenleben gekostet hat, forderte Amnesty International anlässlich des „Transgender Day of Remembrance“.

Von 2008 bis 2012 wurden weltweit 1.083 Morde an Trans* dokumentiert, die Zahl der Morde steigt den Untersuchungen zufolge Jahr für Jahr.

Aus den Ergebnissen des Trans-Murder-Monitoring-Projekts geht hervor, dass seit 2008 in Europa 64 Trans*-Personen ermordet wurden. Bislang (bis zum 1. Januar 2013) sind in Europa jedoch nur in Schweden, Schottland (Grossbritannien) und Kroatien Gewalttaten aufgrund der geschlechtlichen Identität Bestandteil der Gesetzgebung gegen Hasskriminalität.

„Trans* werden aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihres Geschlechtsausdrucks zur Zielscheibe für Diskriminierung und Gewalt – in Europa und weltweit“, sagte Marco Perolini, Experte von Amnesty International für den Bereich Diskriminierung.

„Der fehlende Schutz gegen Gewalt aufgrund der geschlechtlichen Identität stellt eine Missachtung von Menschenrechtsstandards dar; er zeigt, dass transphobe Hasskriminalität nicht als Form von Diskriminierung anerkannt wird.“

„Solange die Strafgesetzgebung nicht zur Kenntnis nimmt, dass Hasskriminalität aufgrund der tatsächlichen oder mutmasslichen Geschlechtsidentität von Personen stattfinden kann, wird das Hass-Motiv nicht vollständig untersucht und verfolgt“.

Hasskriminalität stellt jedoch nicht die einzige Form der Diskriminierung von Trans* dar.

In den meisten Staaten Europas können Trans* ihr Geschlecht nicht rechtlich anerkennen lassen, wenn sie nicht zahlreiche Voraussetzungen erfüllt haben. Dazu können eine psychiatrische Diagnose, die Sterilisation, die Operation der Genitalien und die Ehescheidung gehören.

Desweiteren werden auf internationaler Ebene, häufig auch auf nationaler Ebene, Trans*-Identitäten als psychische Krankheiten klassifiziert.

In Ländern wie Irland oder Litauen machen es Gesetzeslücken für Trans* unmöglich, ihr legales Geschlecht zu ändern.

In vielen Ländern, zum Beispiel in Belgien, Frankreich, Finnland, Norwegen und der Türkei, dürfen Trans*, die keine geschlechtsangleichende Operation oder die Sterilisation wünschen, den Geschlechtseintrag in ihrer Geburtsurkunde nicht ändern lassen.

„Die verpflichtende Voraussetzung der Sterilisation, Scheidung oder geschlechtsangleichender Massnahmen für die rechtliche Anerkennung des Geschlechts verletzt die Rechte von Trans* auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Privatsphäre und Familienleben, auf Freiheit vor erniedrigender Behandlung und auf das höchstmögliche Mass an Gesundheit“, so Perolini.

Hintergrund

Das Trans-Murder-Monitoring-Projekt (TMM, „Respect versus Transphobia“), das weltweit Berichte über Morde an Trans* verfolgt, sammelt und analysiert, veröffentlichte im November 2012 die Zahl von weltweit 1.083 dokumentierten Morden an Trans* in 56 Ländern für den Zeitraum Januar 2008 bis November 2012.

Amnesty International versteht unter Trans*, oder Transgender-Personen im weiteren Sinne, Menschen, deren Geschlechtsausdruck und/oder geschlechtliche Identität nicht den konventionellen Erwartungen aufgrund des ihnen bei Geburt zugewiesenen körperlichen Geschlechts entspricht. Trans* ist ein politischer Überbegriff zur Beschreibung einer Vielzahl von Identitäten, Erfahrungen und Menschen, deren Auftreten der gesellschaftlichen Zwei-Geschlechter-Norm zu widersprechen scheint. Dazu gehören Transsexuelle, Transgender im engeren Sinne, Travestis, Genderqueers, Cross-Dresser, Drag Queens, Drag Kings und viele andere.

Das Internationale Krankheiten-Klassifikationssystem (ICD-10) in der von der Weltgesundheitsorganisation 1990 verabschiedeten Fassung führt in der Kategorie „Geschlechtsidentitätsstörungen“ die Diagnosen „Transsexualismus“, „Transvestitismus unter Beibehaltung beider Geschlechtsrollen“ und „Störungen der Geschlechtsidentität des Kindesalters“ auf. Das Diagnostische und Statistische Handbuch Psychischer Störungen (DSM IV) der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung von 1994 enthält die Diagnosen „Geschlechtsidentitätsstörungen“ und „Transvestitischen Fetischismus“. Amnesty International unterstützt eine Streichung der Klassifizierung von Geschlechtsidentitäten als psychische Störungen in DSM und ICD und eine nicht stigmatisierende Neu-Klassifizierung von nur denjenigen Aspekten, die Trans* den Zugang zu Gesundheitsleistungen ermöglichen.

Transmurder Monitoring


Karte der ermordeten Transgender in den 12 Monaten von Mitte November 2011 bis Mitte November 2012. erstellt vom Transmurder Monitoring Project und Transgender Europe