Russland: Journalistin Elena Klimova unter dem «Propaganda»-Gesetz angeklagt – URGENT ACTION

update 22.02.2014: Verletzungen der Menschenrechte überschatten die Erinnerung an Sotschi.

ERFOLG 21.02.2014: Die Anhörung wurde ausgesetzt, das Verfahren durch das Gericht in Nizhnii Taghil (vorerst) eingestellt – bitte keine weiteren Briefe und E-Mails senden! Wir beobachten die Situation genau, hatten doch Politiker eine Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung in Aussicht gestellt.
Amnesty News: case against journalist Elena Klimova must be closed (PDF, Englisch)

Keine Briefe mehr senden Musterbrief unten / Urgent Action Amnesty Schweiz
(Anleitung, UA 025/14, EUR 46/100/2014, Englisch und Musterbrief)

Elena Klimova, „Children 404“. Bild © Natalia Korelina.< !Trauriges Ende der Moskau Pride am 25. Mai 2012.>

In Russland ist seit kurzem ein Gesetz in Kraft, welches «Propaganda für nicht-traditionalle sexuelle Beziehungen» verbietet. Wir hatten uns lange mit allen Mitteln – erfolglos – gegen die Einführung dieses Gesetzes gewehrt.
Nun ist die Journalistin Elena Klimova aus Nizhniy Taghil (Ural) unter diesem Gesetz angeklagt worden für ihr Onlineprojekt «Children 404». Dieses Projekt unterstützt LGBTI-Teenagers.

Wir fordern
– den Russischen Generalstaatsanwalt, Yuriy Yakovlevich Chaika,
– den Staatsanwalt der Region Sverdlovsk, Sergei Alekseevich Ohlopkov und
– den Vorsitzenden der Staatsduma Sergey Evgenyevich Naryshkin dazu auf:

  • die Anklage gegen Elena Klimova fallen zu lassen,
  • keine weiteren Personen unter diesem homophoben «Propaganda»-Gesetz zu verfolgen,
  • das Gesetz zurückzunehmen, da es in krasser Weise Grundrechte verletzt und eine Atmosphäre schafft, welche zunehmende Diskriminierung, Bedrängung und brutale Gewalt fördert.

18.02.2014: Festnahmen. Arrests near Sochi Olympics include Pussy Riot activists (Englisch).
10.02.2014: Menschenrechtsappell ans IOC. IOC urged to uphold human rights (Englisch).
Amnesty Schweiz: Wird Sotschi zur menschenrechtsfreien Zone?.
URGENT ACTION 05.02.2014: Umweltschützer wegen „fluchens an einer Bushaltestelle“ inhaftiert. 05.02.2014: Das Einkerkern geht weiter. Sochi countdown sees Russia jailing (Englisch).
04.02.2014: Verhaftung kurz vor den Spielen. environmentalist in custody (Englisch).
03.02.2014: Verhaftung kurz vor den Spielen. Civil society activist arrested (Englisch).

ILGA-Report LGBTI people+organizations in Russia Jun-Dec 2013 (Englisch, PDF, 24 S, 560kB).

14.02.2014: Neuntklässlerin soll nun doch nicht wegen «Propaganda» angeklagt werden:
ILGA: Efforts by police to punish a teenager in Bryansk Oblast have been halted (Englisch).

01.02.2014: Russland hat kein Interesse, die Unterdrückung der Rechte seiner Bürger zu stoppen:
TA: Journalist interviewt schwulen Lehrer und erhält Busse.

Amnesty International: Länderbericht Russland 2013 und 2012 und 2011.
Amnesty Schweiz: Länderseite Russland, laufend aktualisiert

Petitionsübergabe in Bern und Moskau – 330.000 Unterschriften (Jan 2014)
Schweiz, OSZE-Vorsitz 2014: Bundespräsident Burkhalter muss sich für Menschenrechte in Russland einsetzen (Jan 2014).
Amnestie von Putins Gnaden ist noch lange keine Rechtsstaatlichkeit (Dez 2013).
Petition – So nicht Herr Putin – Gerechtigkeit auch ausserhalb der Spiele (Dez 2013).
Heimtückischer, homophober Angriff – Maskierte Täter (Nov 2013)
Ein Jahr «Agentengesetz» – Putin drangsaliert die Zivilgesellschaft (Nov 2013)
Das Olympische Komitee muss gegen Homophobie einstehen (Sep 2013)
Verbot von Informationen über «nichttraditionelle sexuelle Beziehungen» (Juni 2013)
Europa: Homophobie – Gesetzeslücken endlich schliessen (Sep 2013)
< ! ----------------------------------------------------------------------------------->

Aktionsinformationen
und Musterbrief

< ! -----------------------------------------------------------------------------------> TOPUrgent Action RusslandHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Russland: Angeklagt unter dem «Propaganda»-Gesetz, UA: 025/14 Index: EUR 46/100/2014, 7. Februar 2014.

Die Journalistin Elena Klimova ist wegen „Propagierens von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen“ unter Anklage gestellt worden. Sie lebt in der im Ural gelegenen Stadt Nischni Tagil und ist Gründerin des Onlineprojekts „Children 404“, das LGBTI-Jugendliche unterstützt. Sollte das Gericht zu dem Urteil kommen, dass die Journalistin gegen das Gesetz verstossen hat, muss sie eine hohe Geldstrafe zahlen und das Onlineprojekt aufgeben.

Am 17. Januar wurde Elena Klimova von der Kriminalpolizei telefonisch zu einem „Gespräch“ geladen, zu welchem sie erschien, obwohl sie keine offizielle Vorladung erhielt. Vor Ort wurde ihr gesagt, verschiedene Behörden hätten von Vitaliy Milonov, einem Parlamentsabgeordneten aus Sankt Petersburg, insgesamt sieben Beschwerden erhalten. Der Abgeordnete forderte darin, „Children 404“ und die dazugehörigen Gruppen in sozialen Netzwerken zu schliessen und gegen Elena Klimova eine Geldstrafe wegen „Propaganda“ zu verhängen. Elena Klimova durfte die Beschwerde von Vitaliy Milonov nicht lesen und auch andere Unterlagen ihrer Fallakte nicht einsehen. Als sie darlegte, dass das Projekt LGBTI-Jugendlichen helfe und ihnen psychologische Unterstützung biete, räumte der zuständige Ermittler ein, dass er darin keine „Propaganda“ ausmachen könne und er daher kein Verfahren gegen sie einleiten werde.

Am 31. Januar wurde Elena Klimova jedoch von demselben Ermittler erneut vorgeladen. Bei ihrem Eintreffen wurde ihr mitgeteilt, dass dieser sie wegen „Propagierens von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen“ anklagen müsse, was nach aktueller Gesetzeslage in Russland eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Als Elena Klimova sich erkundigte, was sich seit dem letzten Mal geändert habe, antwortete der Ermittler ihr entschuldigend, dass er nur Befehle ausführe.

Der Fall liegt nun dem Gericht von Nischni Tagil vor. Der Tag der Anhörung ist noch nicht bekanntgegeben worden.

TOPUrgent Action RusslandHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Hintergrundsinformationen

Elena Klimova rief ihr Onlineprojekt „Children 404“ im März 2013 ins Leben, nachdem sie mehrere Artikel über LGBTI-Jugendliche (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle) veröffentlicht hatte. Ziel von „Children 404“ ist es, LGBTI-Jugendliche zu unterstützen und ihnen einen Raum zu bieten, in dem sie über ihre Sorgen sprechen können. Es wurden zwei Gruppen in Facebook und eine in VKontake, einem weiteren in Russland beliebten sozialen Netzwerk, eingerichtet. In diesen Gruppen können die Jugendlichen ihre persönlichen Probleme und ihre Erfahrungen mit Belästigungen und Missverständnissen mitteilen und erhalten Beratung und Unterstützung von anderen NutzerInnen sowie von professionellen PsychologInnen. Der Name des Projekts bezieht sich auf die Meldung „404 Page not found“, die erscheint, wenn man versucht, eine nicht existierende Webseite aufzurufen.

Das Gesetz, nach dem Elena Klimova angeklagt ist, wurde im Juni 2013 in Russland verabschiedet. Demnach ist das „Propagieren von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen unter Minderjährigen“ eine Ordnungswidrigkeit und kann mit Geldstrafen von zwischen 5.000 Rubeln (ca. 105 Euro) für Privatpersonen und einer Million Rubel (ca. 21.000 Euro) für Organisationen geahndet werden. AusländerInnen können wegen „Propagierens von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen“ für bis zu 15 Tage inhaftiert und aus Russland ausgewiesen werden.

Im Dezember 2013 wurden zwei LGBTI-Aktivisten nach dem „Propagandagesetz“ zu einer Geldstrafe verurteilt, nachdem sie in der nordrussischen Stadt Archangelsk eine Protestaktion durchgeführt hatten. Im Februar 2014 wurde ein Journalist aus der Stadt Chabarowsk im äußersten Osten Russlands zu einer Geldstrafe von 50.000 Rubeln verurteilt. Er hatte ein Interview mit einem Lehrer veröffentlicht, der wegen seiner Homosexualität seinen Arbeitsplatz verloren hatte. Das Gericht wertete eine Bemerkung des Lehrers, dass seine Existenz wirksam beweise, dass Homosexualität normal sei, als „Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen“.

TOPUrgent Action RusslandHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Empfohlene Aktionen

Schreibt bitte e-mails, Faxe oder Luftpostbriefe mit folgenden Forderungen (SOFORT, aber nicht später als am 21. März 2014):

  • die Anklage gegen Elena Klimova fallen zu lassen,
  • keine weiteren Personen unter diesem homophoben «Propaganda»-Gesetz zu verfolgen,
  • das Gesetz zurückzunehmen, da es in krasser Weise Grundrechte verletzt und eine Atmosphäre schafft, welche zunehmende Diskriminierung, Bedrängung und brutale Gewalt fördert.

Please send appeals immediately in Russian or your own language:

  • Expressing deep concern that Elena Klimova was charged with “propaganda of non-traditional sexual relations”;
  • Urging the Russian authorities to drop the charges against Elena Klimova and abstain from prosecuting any person under Russia’s homophobic legislation;
  • Calling to repeal the “propaganda” law which is being used to clamp down on freedoms of expression, assembly and association of LGBTI community and those who support them creates an atmosphere in which they increasingly face discrimination, harassment and violence from vigilante groups.

TOPUrgent Action RusslandHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Dear Prosecutor General

I like to express my deep concern that Elena Klimova was charged with “propaganda of non-traditional sexual relations”.

I urge the Russian authorities to drop the charges against Elena Klimova and abstain from prosecuting any other person under Russia’s homophobic legislation.

Finally I am calling to repeal the “propaganda” law which is being used to clamp down on freedoms of expression, assembly and association of LGBTI community and those who support them creates an atmosphere in which they increasingly face discrimination, harassment and violence from vigilante groups.

Yours very sincerely,

Adressen:

Generalstaatsantwalt Russlands:
Prosecutor General of the Russian Federation,
Yuriy Yakovlevich Chaika Prosecutor General’s Office,
ul. B. Dmitrovka, d.15a,
125993 Moscow GSP- 3,
Russian Federation.
Fax: +7 495 987 58 41;
+7 495 692 17 25
Anrede: Dear Prosecutor General

Staatsanwalt der Region Sverdlovsk:
Prosecutor of Sverdlovsk Region,
Sergei Alekseevich Ohlopkov,
ul. Moskovskaia, 21,
620219 Yekaterinburg GSP-1036,
Sverdlovsk Region,
Russian Federation.
Fax: +7 343 377 02 41
Email: sverdloblprokuratura@mail.ru
Anrede: Dear Prosecutor

Vorsitzender der Staatsduma:
Chairman of the State Duma of the Russian Federation,
Sergey Evgenyevich Naryshkin,
1 Okhotny Ryad st,
103265 Moscow,
Russian Federation.
Fax: + 7 495 697 42 58
Anrede: Dear Chairman

Solidaritäs-Mails an das Projekt Children-404-NOT FOUND:

E-mail: children404@queeramnesty.ch

Kopien:

Ambassade de la Fédération de Russie,
Brunnadernrain 37,
3006 Berne.
Fax: 031 352 55 95
E-mail: rusbotschaft@bluewin.ch