Russland: Gesetz verbietet die Verbreitung von Informationen über «nichttraditionelle sexuelle Beziehungen»

update 25.09.2013 Amnesty News: Prison abuse allegations by Pussy Riot member
Aufruf So 08.09.2013 Genf: Solidaritätsdemo, 15h, sur la Place des Nations
update 08.09.2013: Die Transtagung Bern zeigt Solidaritiät mit Transmenschen in Russland.
update 04.09.2013 Amnesty News: G20 leaders must reject Russia’s homophobic law
Aufruf zum Sit-In 13.07.2013: Bern: Solidaritätsaktion für Regenbogen in Russland
update 03.07.2013 Amnesty Schweiz: Wie zu Zeiten des KGB – Folter und illegale Auslieferungen
Amnesty Statement: Ongoing attack on the rights of LGBTI people
update 02.07.2013: Putin hat das Gesetz heute unterzeichnet – keine Briefe mehr einsenden. < !Solidaritätsaktionen folgen.>
update 01.07.2013 Amnesty News: New laws an affront to basic human rights
update 30.06.2013, 18:00 Virtual Pride March – Solidarity with LGBTI in Russia
update 30.06.2013 Putin unterzeichnet Gesetz („Blick“)
update 27.06.2013 Coming Out St. Petersburg zu Busse von 300’000 Rubel (Fr. 10’000) verurteilt.
Second LGBT organisation falls foul of rising homophobia

Bitte Brief NICHT mehr einsenden Musterbrief unten / Urgent Action Amnesty Schweiz
(Anleitung, UA 348-12-3, EUR 46/020/2013< ! und Musterbrief>)
Online E-Mail-Vorlage bei Amnesty Deutschland (Button ‚E-Mail-senden‘).
Ebefalls von heute: Urgent Action zu NGO-Gesetz in Russland
(Anleitung, UA 111-13-1, EUR 46/019/2013< ! und Musterbrief>) (Bedroht LGBTI-Org., Amnesty uvm.)

Trauriges Ende der Moskau Pride am 25. Mai 2012.

Am 11. Juni hat das Unterhaus des russischen Parlaments in seiner zweiten und dritten Lesung einen homophoben Gesetzesentwurf fast einstimmig angenommen. Das Gesetz schränkt die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LGBTI) erheblich ein. Nach einer weitgehend formellen Verhandlung im Oberhaus wird das Gesetz zur Zustimmung an den Präsidenten weitergeleitet.

Ein erstes, so genanntes «Blasphemie-Gesetz», stellt die «Beleidigung religiöser Gefühle» unter Strafe, und ein weiteres Gesetz verbietet die Verbreitung von Informationen über «nichttraditionelle sexuelle Beziehungen».

“Innerhalb weniger Stunden hat die Duma zwei Gesetze angenommen, die davon zeugen, dass die Meinungsfreiheit in Russland immer weiter eingeschränkt wird. Sie sind Ausdruck eines armseligen Versuchs der Regierung, ihre Popularität aufzubessern – durch Anbiederung an die reaktionärsten Elemente der Russischen Gesellschaft – auf Kosten fundamentaler Rechte eines jeden Einzelnen.”
John Dalhuisen, Programmdirektor von Amnesty International

(In the space of mere hours, the Duma succeeded in adopting two pieces of legislation that testify to the shrinking space for freedom of expression in Russia. They represent a sorry attempt by the government to bolster its popularity by pandering to the most reactionary elements of Russian society – at the expense of fundamental rights and the expression of individual identities.)

Amnesty News: A ‚dark day‘ for freedom of expression in Russia (Englisch)
Mitteilung Deutsch: Ein schwarzer Tag für die Meinungsfreiheit in Russland.

HRW: Drop Homophobic Law – Investigate Murders – Stop Prosecuting LGBT Groups (Englisch)

Coming St. Petersburg: zur Verabschiedung des föderalen Gesetzes ‚über nicht traditionellen sexuellen Beziehungen‘

Medien:
Queer.de: Landesweites Gesetz gegen „Homo-Propaganda“ beschlossen.
Standard: Russische Polizei nimmt 20 Schwule und Lesben fest.
NZZ: Repressive Gesetze: Gegen Homosexuelle – für Gottesfürchtige.

Amnesty International: Länderbericht Russland 2013 und 2012 und 2011.
Amnesty Schweiz: Länderseite Russland, laufend aktualisiert

Zur Argumentation mit der angeblichen – und gerade im Falle Russlands erst noch falschen „Tradition“:
Ban Ki-moon: «Religion und kulturelle Tradition dürfen keine Gründe für Diskriminierung, Ausgrenzung, Gewalt oder Verfolgung sein» (Oslo, April 2013)

Aktuelles zu Russland:
Weitere NGO bedroht – hohe Busse für LGBT-Festival in St. Petersburg (Juni 2013)
Hier Unterschreiben: Petition an Präsident Putin (PDF, zum Sammeln)
Diskussion zum Regenbogenverbot in Russland – Zürich Pride Festival 2013 (6. Juni 2013)
Moskau Pride: Verdacht auf staatlich geförderter Gewalt und Diskriminierung (Mai 2013)
Präsident Putins Zermürbungstaktik und Hexenjagd – Amnesty Report (April 2013)

Schwierige Lage in Ost- und Mittelosteuropa:
Türkei: Polizeigewalt trifft Transgender, Lesben und Schwule besonders (Juni 2013)
Ukraine: Kiev Pride 2013. Ein BRAVO an die rund 100 mutigen Leute (Mai 2013)
Moldau: Erste, kurze Pride soll der Anfang einer blühenden Bewegung sein (Mai 2013)
Ukraine: Homophobie, Transphobie und Hassverbrechen – Amnesty Report (Mai 2013)
Georgien: Brutale Gewalt gegen die Pride in Tbilisi – Versagen der Polizei (Mai 2013)
Mazedonien: Angriffe auf LGBT-Aktivist_innen (April 2013)
Ukraine: UPR – Kampf gegen Polizeigewalt – aber keine Grundrechte für LGBT (Apr 2013)
Belarus: Zivilgesellschaft wird mundtot gemacht – Amnesty Report (April 2013)
Bosnien und Herzegowina: homophobe und transphobe Hass-Angriffe (April 2013)
Ukraine: Stanislaw Mischtschenko zeigt ‚K-People – Queeres Leben in Kiew‘ (Jan 2013) < ! ----------------------------------------------------------------------------------->

Aktionsinformationen
und Musterbrief

< ! -----------------------------------------------------------------------------------> TOPUrgent Action RusslandHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Russland: Diskriminierendes Gesetz verabschiedet, Urgent Action UA: 348/2012-3, EUR 46/020/2013, 19. Juni 2013.

Moskau, 11. Juni 2013: Bei Protesten vor der Parlament wurden Aktivist_innen verprügelt und verhaftet.
Im Bild: Gefangenenbus.

Am 11. Juni hat das Unterhaus des russischen Parlaments in seiner zweiten und dritten Lesung einen homophoben Gesetzesentwurf fast einstimmig angenommen. Das Gesetz schränkt die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LGBTI) erheblich ein. Nach einer weitgehend formellen Verhandlung im Oberhaus wird das Gesetz zur Zustimmung an den Präsidenten weitergeleitet.

Den Gesetzgebern zufolge soll das Gesetz „Kinder vor Material schützen, das zur Ablehnung traditioneller Werte aufruft“. Das Gesetz bedingt Änderungen einiger Gesetze, die „Propagieren von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen unter Minderjährigen“ verbieten. Vor der zweiten Lesung war der Gesetzesentwurf bedeutend abgeändert und erweitert worden.

Das Gesetz definiert „Propagieren“ als „Verbreiten von Informationen, die eine nicht-traditionelle sexuelle Orientierung, die Attraktivität von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen, die fälschliche Auffassung einer sozialen Gleichstellung von traditionellen und nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen oder das Aufzwingen von Informationen über nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen, die das Interesse an einer solchen Beziehung wecken könnten, zum Ziel haben.“

Dem Gesetz nach würde das „Propagieren von Homosexualität unter Minderjährigen“ mit einer Geldstrafe von 5.000 Rubel (etwa 110 Euro) für Einzelpersonen geahndet werden. Beamte können mit einer Geldbusse von bis zu 50.000 Rubel (knapp 1.200 Euro) belegt werden, und Organisationen müssen mit einer Strafe von bis zu 1.000.000 Rubel (etwa 22.400 Euro) sowie mit einer möglichen Suspendierung von drei Monaten rechnen. Einzelpersonen und Beamte können sogar mit noch höheren Bussgeldern rechnen, wenn sie in Massenmedien oder im Internet „Propaganda“ verbreiten. Das Verbot wird auch für ausländische Bürger gelten, die, zusätzlich zu einem Bussgeld von bis zu etwa 1.100 Euro, bis zu 15 Tage in Haft gehalten und aus Russland abgeschoben werden könnten.

TOPUrgent Action RusslandHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Hintergrundsinformationen

Es sieht immer schlechter aus für die Meinungsäusserungsfreiheit in Russland.

Die erste Lesung des Gesetzes vor dem parlamentarischen Unterhaus, der Duma, war ursprünglich für den 19. Dezember angesetzt. Sie fand letztendlich am 25. Januar 2013 statt.

Das Gesetz beeinflusst die Aktivitäten von LGBTI-Aktivisten und -Organisationen massgeblich und könnte die Diskriminierung gegenüber LGBTI verstärken und zu vermehrten Hassverbrechen gegen sie führen. Mit diesem Gesetz greift Russland in die grundlegenden Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit ein und verstösst gegen seine Verpflichtung aus internationalen Übereinkommen, Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle (LGBTI) vor Diskriminierung zu schützen.

Vor der Abstimmung hielten etwa 24 russische LGBTI-AktivistInnen einen „Kuss-Tag“ vor dem Parlament ab. Lokalen Medien zufolge sind dabei mindestens 20 Menschen von der Polizei festgenommen worden, nachdem sie von homophoben Protestierenden angegriffen wurden.

In verschiedenen Regionen und Städten Russlands sind bereits ähnliche Gesetze angenommen worden, so z. B. in Rjasan, Archangelsk, Kostroma, St. Petersburg, Nowosibirsk, Magadansk, Samara, Baschkortostan und Krasnodar. Manche dieser Gesetze verbieten das „Propagieren der Pädophilie unter Minderjährigen“ und bringen somit einvernehmliche, private sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern in Verbindung.

Das regionale Gesetz von Rjasan über Ordnungswidrigkeiten beinhaltet einen diskriminierenden Artikel betreffend „öffentlicher Aktionen mit der Absicht, Homosexualität zu propagieren“. Dieser veranlasste Irina Fedotova, eine bekennende lesbische Frau, die sich in Russland für die Rechte von LGBTI einsetzt, dazu, Beschwerde beim UN-Menschenrechtsausschuss einzulegen. Sie hängte zudem Poster mit Slogans wie „Homosexualität ist normal“ und „Ich bin stolz auf meine homosexuelle Ausrichtung“ in der Nähe einer Schule in Rjasan auf. Daraufhin wurde sie von der Polizei festgenommen und vor Gericht wegen „öffentlicher Aktionen mit der Absicht, Homosexualität zu propagieren“ zu einer Geldstrafe von 1.500 Rubel (etwa 37 Euro) verurteilt.

Im Oktober 2012 kam der Menschenrechtsausschuss zu dem Schluss, dass die Russische Föderation Irina Fedotovas Rechte auf freie Meinungsäusserung und Diskriminierungsfreiheit verletzt hatte, die ihr nach Artikel 19(2) des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) in Verbindung mit Artikel 26 zustehen. Der Ausschuss unterstrich, dass das Diskriminierungsverbot aus Artikel 26 des IPbpR auch für Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung gelte. Er folgerte, dass das regionale Gesetz von Rjasan diskriminierend ist, da sich das Verbot lediglich auf das Propagieren von Homosexualität bezieht und nicht auf Heterosexualität oder Sexualität im Allgemeinen.

TOPUrgent Action RusslandHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Empfohlene Aktionen

Schreibt bitte E-Mails, Faxe oder Luftpostbriefe mit folgenden Forderungen (SOFORT, aber nicht später als am 31. Juli 2013):

  • Ich bitte das Oberhaus des Parlaments und den Präsidenten eindringlich, den Entwurf des föderalen Gesetzes Nr. 44554-6 nicht zu verabschieden.
  • Ich fordere Sie nachdrücklich auf, allen Menschen die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit, Diskriminierungsfreiheit und Gleichheit vor dem Gesetz zu gewähren, und zwar ungeachtet ihrer tatsächlichen oder mutmaßlichen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität, wie dies in europäischen und internationalen Standards zum Schutz der Menschenrechte festgeschrieben ist.

Please send appeals immediately:

  • Urging the authorities not to pass Draft Federal Law no. 44554-6.
  • Calling on them to protect freedom of expression and assembly, freedom from discrimination and equality before the law, in accordance with European and international human rights law

TOPUrgent Action RusslandHintergrundEmpfohlene AktionenMusterbrief

Musterbrief Deutsch:

Sehr geehrter Herr Praesident Putin, mit grosser Sorge habe ich erfahren, dass der Entwurf eines homophoben Gesetzes vom Parlament verabschiedet worden ist.

Ich bitte Sie und das Oberhaus des Parlaments eindringlich, den Entwurf des foederalen Gesetzes Nr. 44554-6 nicht zu verabschieden.

Ich fordere Sie nachdruecklich auf, allen Menschen die Rechte auf freie Meinungsaeusserung, Versammlungsfreiheit, Diskriminierungsfreiheit und Gleichheit vor dem Gesetz zu gewaehren, und zwar ungeachtet ihrer tatsaechlichen oder mutmasslichen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentitaet, wie dies in europaeischen und internationalen Standards zum Schutz der Menschenrechte festgeschrieben ist

Mit freundlichen Gruessen

Adressen:

PRÄSIDENT DER RUSSISCHEN FÖDERATION / President of the Russian Federation
Vladimir Putin
ul. Ilyinka, 23
103132 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear President Putin / Sehr geehrter Herr Präsident Putin)
Fax: +7 495 910 21 34

VORSITZENDE DES FÖDERATIONSRATS / Chairwoman of the Council of Federation
Valentina Matvienko
Council of Federation
Ul.B.Dmitrovka, 26
103426 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Chairwoman / Sehr geehrte Frau Vorsitzende)
Fax: +7 495 629 6743 oder +7 495 697 4167
E-Mail: post_sf@gov.ru

Kopien:

Ambassade de la Fédération de Russie,
Brunnadernrain 37,
3006 Berne.
Fax: 031 352 55 95
E-mail: rusbotschaft@bluewin.ch

Botschaft der Republik Russland in Berlin:
Fax: +49 30 2299 397
E-Mail: info@Russische-Botschaft.de