Spannende Debatten, demokratische Entscheidungen: Amnesty
Delegierte diskutieren am Internationalen Meeting (ICM) 2015
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An ihrer internationalen Ratstagung 2015 in Dublin haben die Amnesty-Delegierten eine wichtige Entscheidung zum Schutz der Menschenrechte von Sexarbeiter_innen getroffen.

Mit einer Resolution beauftragten die Vertreterinnen und Vertreter der über 50 Sektionen aus aller Welt ihren Internationalen Vorstand, eine Positionierung zu diesem Thema zu entwickeln und zu verabschieden, die auch die Entkriminalisierung von Sexarbeit einschliessen soll.

«Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter gehören überall auf der Welt zu den verletzlichsten Gruppen der Gesellschaft. Sie erfahren die verschiedensten Formen von Diskriminierung, Gewalt und Missbrauch. Jetzt hat unsere weltweite Bewegung den Weg geebnet für eine Positionierung unserer Organisation zum Schutz der Menschenrechte von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern», sagte Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty.

Mit der Resolution fordert die Delegiertenversammlung die Entwicklung einer politischen Positionierung, zu der die volle Entkriminalisierung aller Aspekte einvernehmlicher sexueller Beziehungen zwischen Erwachsenen gehört, auch wenn diese bezahlt werden. Weiter soll die Positionierung Staaten auffordern, Massnahmen zu treffen, damit Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter umfassend und diskriminierungsfrei vor Ausbeutung, Menschenhandel und Gewalt geschützt sind.

«Wir anerkennen, dass wir es hier mit einem höchst komplexen Thema zu tun haben, das wir deshalb bewusst aus der Perspektive internationaler Menschenrechtsstandards angehen. Wir haben zudem unsere Bewegung sehr breit dazu konsultiert, wodurch wir ganz verschiedene Sichtweisen aus der ganzen Welt miteinbeziehen können», so Shetty.

Die Untersuchungen und Konsultationen, die Amnesty International mit Blick auf eine Positionierung in den vergangenen zwei Jahren durchgeführt hat, verwiesen klar darauf, dass dies der beste Weg ist, um die Menschenrechte von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern zu schützen und das Risiko zu vermindern, dass sie Gewalt und Missbrauch ausgesetzt sind.

Zu den Menschenrechtsverletzungen, unter denen SexarbeiterInnen leiden, gehören unter anderem körperliche und sexuelle Gewalt, willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, Erpressung und Belästigung, Menschenhandel, oder der Zwang zu HIV-Tests und medizinischen Eingriffe. Manchen wird auch der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, Wohnungen und anderen Sozialleistungen und zu Rechtsschutz verweigert.

Die Positionierung orientiert sich auch an den Resultaten zahlreicher Untersuchungen unter anderem von Uno-Agenturen wie der Weltgesundheitsorganisation WHO, UNAIDS, UN Women und dem Uno-Sonderberichterstatter zum Recht auf Gesundheit. Auch Amnesty International hat Untersuchungen in vier Ländern durchgeführt.

In die Konsultationen einbezogen waren unter anderem SexarbeiterInnen-Organisationen, Gruppen von ehemaligen Prostituierten, Organisationen, die sich für die Abschaffung der Prostitution engagieren, feministische und andere Frauenrechtsvertreterinnen, LGBTI-Gruppen, Anti-Menschenhandel-Organisationen und solche, die sich gegen HIV/AIDS einsetzen.

Amnesty International betrachtet Menschenhandel in all seinen Formen einschliesslich Ausbeutung in der Prostitution als schreckliches Verbrechen, das gemäss internationalem Recht in jedem Fall strafrechtlich verfolgt werden muss. Auch dies ist in den Leitlinien für die Positionierung festgeschrieben und wird Teil der neuen Positionierung sein.

«Das ist ein historischer Tag für Amnesty International. Es war weder eine leichte noch eine rasch getroffene Entscheidung, und wir danken unseren Mitgliedern auf der ganzen Welt ebenso wie den vielen Gruppen, die wir konsultiert haben, für ihre wichtigen Beiträge zu dieser Debatte. Sie haben uns geholfen, eine wichtige Entscheidung zu treffen, die für unsere Arbeit in diesem Menschenrechtsbereich richtungsweisend sein wird», so Salil Shetty.